"Ohne Bücher ist alles nicht!" - dieser Satz stammt vom deutschen Autor Peter Handke. Und der Satz dürfte auf viel Zustimmung stoßen - gerade heute zum Welttag des Buches. Den hat die UNESCO vor 12 Jahren zum ersten Mal ausgerufen, um zu zeigen, wie wichtig Literatur ist. Doch allzu oft bekommen nur die großen, die bekannten Autoren wirklich Aufmerksamkeit und Anerkennung. Im Fall von René Hampe darf das nicht so bleiben, findet unsere Reporterin Antje Khamis. Sie hat einen jungen Mann getroffen, der Geschichten erzählt, wie sonst niemand:
Interview von Antje Khamis mit René Hampe
Antje Khamis: Der „Grünling“ hat sein Zuhause eigentlich auf dem Mars. Bei einem Ausflug auf die Erde aber erlebt der Kleine die unterschiedlichsten Abenteuer. Und das ist manchmal nicht ganz ungefährlich. Aber der Grünling ist unheimlich neugierig. René Hampe ist das auch. Aber nicht deshalb machen ihm das Geschichtenschreiben und der Grünling so viel Spaß. René Hampe leidet seit seiner Geburt an Muskelschwund, einer Erbkrankheit, die sich schleichend und tückisch entwickelt. Seit seinem 10. Lebensjahr sitzt René im Rollstuhl, seit 1998 hilft ihm ein Beatmungsgerät zu überleben. Heute kann der 32jährige nur noch einen Finger der linken Hand allein bewegen.
René: Ich habe das Gefühl, je schlechter es meinem Körper geht, desto besser, desto weiter bin ich geistig. Was im täglichen Leben auch Konflikte geben kann: wenn eben der Körper nicht das macht, was der Kopf sagt.
Antje K.: Den Alltag zuhause zu meistern, dabei helfen Renés Eltern, sowie ein Pflegedienst, Freunde und Bekannte. Denn mit anderen im Kontakt zu sein, mitzubekommen, was „draußen“ läuft, ohne das geht es nicht, sagt er.
René: Das ist ganz wichtig für mich. Das gemeinsame Philosophieren und nicht das Gefühl zu haben, man hat immer recht.
Antje K.: Und alles andere, was er wissen muss, um seine „Grünling-Geschichten“ für Kinder zu schreiben, holt er sich aus dem Internet. Das ist sein Tor zur Welt. Seinen Grünling brachte die Kirchgemeinde vor 2 Jahren als Buchbroschüre heraus. Seitdem schreibt René vierteljährlich Fortsetzungen mit neuen Grünlingabenteuern für die Gemeindezeitung.
René: Ich möchte einen Teil meines Wissens vermitteln. Zum ersten Toleranz, Verständnis, aber auch teilweise, wie bestimmte Sachen funktionieren, z. B. der Ultraschall einer Fledermaus. Und das dann einfach zu schreiben, ist schon wieder eine Wissenschaft für sich.
Antje K.: Eine anstrengende Arbeit, wenn man bedenkt, dass René Hampe nur 3 – 4 Zeilen pro Tag schafft. Die Bildschirm-Tastatur hilft ihm dabei. Schreiben ist mittels Mausklick möglich. Und wenn er nicht schreibt, dann schaut René Filme an oder liest – am liebsten Sciencefiction. Grenzenlosigkeit fasziniert ihn. Doch im realen Leben machen ihn oft schon kleine Sachen glücklich. Mit der Familie zusammen sein, Besuch haben, scharfe Küche oder mal ein Glas Whisky. Sich etwas gönnen ist wichtig, sagt der 32jährige, der nicht aufgibt, auch wenn kein Arzt ihm mehr helfen kann.
René: Wenn es einem sehr schlecht geht und man am Tiefpunkt ist, dann weiß ich, es geht nur noch bergauf.
Antje K.: Seine Eltern bewundern diese Einstellung.
Gert H.: Er ist sehr sehr zäh, ausdauernd und hat einen starken Willen.
Antje K.: René Hampe weiß, dass er die Krankheit nicht besiegen kann. Aber sich Geschichten auszudenken und zu schreiben, das will er, solange es geht. Und das ist nicht nur schön für ihn, sondern auch für seine Leser.
Dieses Interview wurde am 23.April 2007 auf MDRinfo gesendet.